Rennleitung, bitte kommen!
Glückseliges Österreich: Es gibt einen unter uns, der alles weiß. Und trotzdem nicht Gott ist. Sondern unser Innenminister. Auch bekannt als der Minister Faktister. Warum diese komische Umschreibung? Weil er in Interviews jeden zweiten oder dritten Satz mit den beiden Worten „Fakt ist" beginnt. Also muss er ja ganz viel wissen, so stell ich mir in meiner kindlichen Einfalt vor – wie der liebe Gott.
Ein anderes Sprichwort sagt jedoch, dass offenbar auch Gott nicht alles weiß. Wie unser Innenminister. Aufklärung gewünscht? Bitte schön!
In jeder zweiten Nachrichtensendung kommt in Zeiten wie diesen auch ein Beitrag über die sogenannte Raserszene vor. Jugendliche, die sich die Hörner abstoßen und manch Straße oder Platz zur inoffiziellen Rennstrecke erklären. Und wo eine Rennstrecke ist, muss im landläufigen Sinn auch eine Rennleitung sein. Im Raserszenen-Sprech bedeutet Rennleitung so viel wie Polizei. Und da hätte ich für den Minister Faktister, der offenbar doch nicht alles weiß, nun einen Tipp.
Da berichtet nämlich ein auflagenstarkes Zeitungsblatt, dass es in der Umgebung von Traun – dort in der Nähe passierte auch der schwere Unfall, der einem 15-jährigen Tschetschenen das Leben kostete und zwei Freunde mit schweren Verletzungen ins Spital beförderte - jedes Wochenende verbotene illegale Straßenrennen gäbe. Eine Tankstelle und ein Parkplatz seien der Treffpunkt der Raserszene, alle Anrainer wüssten Bescheid und spürten abends in ihren Wohnzimmern, wenn das PS-Spektakel wieder beginnt.
Anwohner hätten sich angewöhnt, vor dem Wegfahren mit ihrem eigenen Auto auch zu prüfen, ob noch die richtigen Kennzeichen auf ihrem Auto seien, weil die Raserszene auch gerne Taferln entwende, um Spuren zu verwischen.
Auf dem Fußgängerübergang prüften die Anwohner genau, ob nicht doch ein Raser heranschieße, und eine vierfache Mutter, die seit zwei Jahren dort lebt, habe zwar gelegentlich Polizeikontrollen wahrgenommen, aber nie abends, wenn die Rennen losgehen würden. Ihre Tochter habe gerade den Mopedschein gemacht und fahre Umwege, um die „Rennstrecke" zu vermeiden, aber das ungute Gefühl in der Magengrube bleibe ihr trotzdem.
An Beamten mangele es der Polizei jedenfalls nicht, so die Anrainerin. Wenn auf der benachbarten Gugl – einem großen Sportzentrum – wichtige Fußballspiele anstünden, rücke die Polizei in Mannschaftsstärke an. Doch während bei Fußballspielen maximal die Fäuste fliegen, kann das die Raserszene mit ganzen Autos samt Insassen. Raten sie mal, was gefährlicher ist.
Daher: Rennleitung, bitte kommen!
da MOTZERπ (Mai 2025)
Autoraser – amtlich beglaubigt!
Kaum eine Nachrichtensendung, in der das Wort „Autoraser" nicht vorkommt. Jugendliche Fahranfänger – meist nur im Besitz der Lenkberechtigung, aber noch ohne das verpflichtend vorgeschriebene Mehrphasen-Training (hier lernen die Novizinnen und Novizen erste Maßnahmen, um ein schleuderndes Auto abzufangen beziehungsweise Unfallvermeidung).
Und wenn man halt noch nicht gelernt hat, was zu tun ist, wenn man die Kontrolle verloren hat, dann fliegt man halt ab – mitunter heftig und mit Todesfolge, wie man am Beispiel des jüngst in Oberösterreich ums Leben gekommenen 15-jährigen Tschetschenen gesehen hat. Mögliche Beschlagnahmung des Autos scheint doch nicht die richtige Waffe zu sein, um den jungen Wilden das Einhalten von Tempolimits schmackhaft zu machen.
Doch es geht auch anders, wie man kürzlich in Wien gesehen hat. In dieser Stadt, die mit ziemlicher Sicherheit jedes Jahr unter die lebenswertesten der Welt gewählt wird, leben mittlerweile mehr als zwei Millionen Menschen. Und nicht alle davon fahren mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, nein, gar nicht so wenige sind wegen Beruf oder Behinderung doch auf das Auto angewiesen und genervt von der fast schon jahrhundertelangen Zwangsberieselung mit wieder neuen Radargeräten, die noch schneller blitzen als selbst Verstappen fährt, Zivilstreifen, die fast täglich einen Raser mit mehr als 200 km/h von der vermutlich gerade freien Autobahn holen (im Stau kann eh keiner 200 Sachen machen) und den bereits erwähnten jugendlichen Autorasern, die für die anderen Verkehrsteilnehmer eine große Gefahr darstellen und die man demzufolge von der Straße holen muss.
Denn eines Mittwoch vormittags ereignete sich in Wien nämlich folgendes: der Autor dieser Zeilen befuhr den Kaisermühlentunnel in Richtung Stockerau wie alle anderen vorsichtig, um nicht in die dortige Section Control zu tappen. Das 80er-Limit setzt sich dort nach dem Ende des Tunnels fort, also belässt man die Gaspedalstellung am besten unverändert. Auf dem mittleren der drei Fahrstreifen zeigt dann ein Blick in den linken Außenspiegel, dass die dritte Fahrspur hunderte Meter hinter einem frei ist. Nur ganz weit hinten kommt ein schwarzes Fahrzeug mit Fernlicht daher.
Keine zwei Sekunden später rast - im wahrsten Sinne des Wortes – das schwarze Auto mit gut geschätzten 220 Sachen an mir vorbei – mir klappt die Kinnlade auf Grundeis. Das einzelne Blaulicht am linken Dach des Boliden ist so klein, dass man es kaum aus größerer Entfernung sieht. Und der Fahrer hat sicherlich nicht Zeit, auch noch das Folgetonhorn zu betätigen, damit man die Einsatzfahrt auch akustisch vernehmen kann.
Herr Innenminister: wenn dort einer ausschert, OHNE in den Außenspiegel zu blicken, schießt ihn ihre Zivilstreife so ab, dass sich die Fahrzeugtrümmer über hunderte Meter verteilen. Die Wracks würden auf ihrem Weg bis zum Stillstand vermutlich dutzende andere unbeteiligte Fahrzeuge in den Unfall verwickeln, Großeinsatz für die Rettungskräfte und weltweite Publicity in den Abendnachrichten wären die Folge.
An den Chauffeur der gegenständlichen Zivilstreife: ja, sie haben vermutlich beim ÖAMTC oder der Cobra entsprechende Fahr-Trainings mitgemacht, aber es kann einfach keinen Grund geben, als Ordnungshüter derart auszurasten. Warten nach Dienstschluß nicht Frau und Kinder auf sie? Müssen andere Menschen sterben, nur weil irgendwo ein Geistesgestörter ein Messer aus dem Hosensack gezaubert hat? Glauben sie nicht, dass – wenn sie derart weite Distanzen bis zum Einsatzort zurücklegen müssen – ein näher postierter Kollege früher am Tatort ist und den Fall vor ihrem Eintreffen löst?
Auch ein Autoraser, dieser Typ. Und sogar amtlich beglaubigt. Und völlig losgelöst.
da MOTZERπ (April 2025)
Frohe Ostern!
Wir leben bekanntlich in schwierigen Zeiten: der Krieg in der Ukraine, der vermutlich auch noch nicht aus sein wird, wenn sie diese Zeilen lesen). Trump und sein Ringelspiel mit Zöllen (wohin das noch führen wird, können sich nicht einmal hochbezahlte Hollywood-Drehbuchautoren in ihren schlimmsten Fieber-Phantasien vorstellen), und eine Regierung im benachbarten Deutschland, die es auch unter Zuhilfenahme von 800 Milliarden Euro vermutlich nicht schaffen wird, die Heimat endlich zu sanieren, weil sie ja ein paar Waffen auch noch dazukaufen muss, damit die Truppe nicht nur Gewehre hat, die um die Ecke schießen können.
Puh – da kommen noch gewaltige ungelegte Eier auf uns zu.
Nicht so bei uns in Österreich. Die Insel der Seligen bleibt eine Insel der Seligen, auch wenn das Staatsdefizit plötztlich doppelt so groß ist wie vorher angenommen. Droht ein Defizitverfahren der EU? Wen interessiert das schon? Bei uns geht alles seinen geregelten Gang.
Woran man das merkt? Zum Beispiel an der Tatsache, dass ein ehemaliger Bundeskanzler der Schwarzen nach seinem Ausscheiden aus der Politik plötzlich auf Vorschlag des mittlerweilen auf rot umlackierten Finanzministers einen gut dotierten Job angeboten bekommt, der ihm mit stattlichen Bezügen die Wartezeit auf die Politikerpension versüßen wird...
Oder an der Tatsache, dass die mit 300 Millionen Euro aus dem Bundesbudget geförderten österreichischen Bundesbahnen (wie sollten sie sonst heißen, nachdem sie keine anderen Sponsoren haben?) es geschafft haben, im abgelaufenen Bilanzjahr einen Gewinn in halber Höhe dieser „Förderung" (Starthilfeprämie wäre wohl der passendere Ausdruck) zu verbuchen. Bittebitte, Herr oder Frau Minister irgendwas, fördern sie auch meine Pläne mit ein paar Millionen – ich gebe ihnen garantiert am Ende der Laufzeit dieses „Kredites" die Hälfte zurück und hoffe auf eine gute Nachred' (statt einer Anklage).
In Zeiten wie diesen darf die Justiz natürlich auch auch nicht zurückstehen: Los, los – bedrohen sie ihre Nachbarin oder sonst jemand mit einem Volkstribunal, das ihr bisheriges Wirken vermutlich letal beurteilen wird und wenn sich die eingeschüchterte Person dann in den Suizid stürzt, brauchen sie keine grauen Haare zu kriegen, denn ein ordentliches österreichisches Gericht, das ihre Taten dann beurteilen wird, wird sie sicher wie den 61-jährigen Deutschen, der eine österreichische Ärztin in den Freitod getrieben hat, freisprechen, denn wer hätte denn auch nur im geringsten ahnen können, dass ihre Hasstiraden gleich solche Auswirkungen zeigen werden...
Dagegen ist der Fall des Polizisten, der unlängst auf der vielbefahrenen Wiener Südosttangente aktiv wurde, geradezu ein sogenannter Lercherlschas: Als es auf der einen Richtungsfahrbahn krachte, ließ er Unfall einfach Unfall sein. Statt dessen erblickte er plötzlich die große Chance, seine Karriere zu beschleunigen, in dem er sich auf der Mittelleitschiene, die die Richtungsfahrbahnen trennt, postierte und mit dem (Dienst-?)Handy alle auf der Gegenfahrbahn ablichtete, die nicht mit den dort erlaubten achtzig Sachen vorbeidonnerten, weil halt Stoßzeit UND noch ein Unfall auf der Gegenfahrbahn auch war.
Als der aufregende Einsatz vorbei war, wird er sich auf dem Kommissariat sicher nach dem Auswerten des Handys beim Verfassen von rund hundert Anzeigen im Wert von 50 bis 70 Euro kräftig erholt und einen fettgedruckten Eintrag in seiner Personalakte lukriert haben. Es darf nämlich angenommen werden, dass eventuelle Einsprüche der solcherart bestraften Autofahrer vor einem österreichischen Gericht im Sande verlaufen werden...
da MOTZERπ (April 2025)